Wir bleiben dabei: Das Nettelbeckufer muss umbenannt werden!


Wie zu befürchten war, hat der Erfurter Stadtrat heute mit den Stimmen von SPD, CDU und AfD beschlossen, dass das Nettelbeckufer nicht umbenannt werden soll. Der ursprüngliche AfD-Antrag, der noch im Dezember 2020 vom Stadtrat abgelehnt worden war, wird dadurch mehrheitsfähig gemacht. Wenn SPD und CDU jetzt behaupten, sie würden keine AfD-Politik betreiben, ist das scheinheilig. Nettelbeck bleibt als Namensgeber erhalten. Der Unterschied ist lediglich, dass noch ein unbewohnter Abschnitt einer anderen Straße nach Gert Schramm benannt werden soll.

Für Erfurt ist dieser Beschluss eine Schande. Nicht nur wird die AfD weiter normalisiert, es wird auch das Signal ausgesandt, dass kein ernsthaftes Interesse an einer Aufarbeitung des kolonialen Erbes besteht. Stattdessen hören wir leere Rhetorik, die zivilgesellschaftliches Engagement und antirassistische Anliegen missachtet. Für die Zukunft lässt das nichts Gutes erwarten: Wenn die Landeshauptstadt es nicht schafft, einen Versklavungsoffizier, Koloniallobbyisten und Nationalisten zu entehren, wird sie auch an den viel größeren Veränderungsprozessen scheitern, die in den nächsten Jahren auf sie zukommen.

Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass das Nettelbeckufer umbenannt wird und Erfurt eine lebenswerte Stadt für ALLE seine Bürger:innen ist, und möchten emanzipatorische Prozesse insbesondere von marginalisierten Gruppen unterstützen. Wer wie SPD, CDU und AfD glaubt, eine gesellschaftliche Debatte könne per Stadtratsbeschluss beendet werden, leidet unter Realitätsverlust. Wir leben in einer postmigrantischen Gesellschaft, in der die Aufarbeitung von Deutschlands kolonialem Erbe in vollem Gang ist. Gemeinsam mit dem bundesweiten Decolonize-Netzwerk und der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland werden wir auch in Zukunft für eine progressive Erinnerungskultur eintreten.

Wir danken allen Erfurter:innen und auswärtigen Menschen, die uns bis zu diesem Punkt begleitet haben, für die Unterstützung – und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit! Wir schätzen uns glücklich, dass unsere Arbeit zu drei Umbenennungen in anderen Städten – Berlin, Dortmund und Eberswalde – beigetragen hat. Weitere werden folgen. Das Gute an der Demokratie ist, dass falsche Entscheidungen auch wieder rückgängig gemacht werden können, wie nicht zuletzt die Wahl eines Karnevalsvereinsvorsitzenden zum Ministerpräsidenten gezeigt hat.


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